Podologische Therapie – Was wissen wir über unsere Patienten?
- Erstellt: 11. Januar 2023

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ANNETT BIEDERMANN | BEATE EICKMANN | MONIKA EIRICH | GABRIELA SCHWAB | PETER R. MERTENS | KNUT KRÖGER
Die podologische Therapie von Erkrankungen des Fußes stellt eine wichtige Säule der Behandlung des Diabetischen Fußsyndroms mit dem Ziel dar, die Gehfähigkeit der Betroffenen zu erhalten und Amputationen zu verhindern. Die „Arbeitsgmeineschaft Wissenschaft“ innerhalb des Deutschen Verbandes für Podologie e.V. (ZFD) wollte mehr über die Patienten erfahren, die podologische Praxen aufsuchen: Warum kommen sie in die Praxis, wie selbstständig sind sie und mit welchen Fußproblemen kommen sie?
Als Podologe/in und interessierter Arzt hat man oft den Eindruck, dass in der Fußpflege etwas schiefläuft. Aber was läuft denn schief und wie kann man das Problem erkennen? Zu den ganz einfachen Fragen, zum Beispiel „wie häufig schneidet sich ein Mann mit 50 Jahren die Zehennägel?“ oder „wie häufig cremt er seine Füße ein?“ liegen keine fundierten Daten vor. Wie würden sich diese Antworten mit zunehmendem Alter ändern? Wenn wir langfristig den Mehrwert der podologischen Therapie für die alternde Bevölkerung darstellen wollen, sollten wir den Ist-Zustand kennen. Daher hatte die „Arbeitsgruppe Wissenschaft“ sich die Aufgabe gestellt, mehr über die betroffenen Patienten und den Alltag in podologischen Praxen zu erfahren. Insgesamt hat die Arbeitsgruppe dazu drei Fragebögen entwickelt und an Mitglieder von podo deutschland versandt. Die Resonanz war eindrucksvoll und wir möchten nun einen Überblick über die Ergebnisse geben.
Besonderheiten von Menschen, die eine podologische Therapie erhalten
Mit der ersten Erhebung wollten wir allgemein erfahren, warum die Patienten zur podologischen Therapie kommen. Der Fragebogen wurde im Juli 2015 versandt. Innerhalb von sechs Wochen erhielten wir 1663 anonymisiert ausgefüllte Fragebögen zurück (926 Männer, mittleres Alter ± SD 68 ± 11 Jahre; 737 Frauen, 71 ± 12 Jahre). Die Ergebnisse wurden bereits im FUSS 7/8 2017 publiziert. Kurz zusammengefasst kamen 95,4 Prozent der Patienten regelmäßig zur Therapie. Allerdings wiesen bei der Vorstellung etwa 33 Prozent ein akutes Problem auf. Dabei handelte es sich am häufigsten um eine akute Wunde oder eine Infektion. Die meisten Patienten trugen bei der Vorstellung normale Konfektionsschuhe oder Konfektionsschuhe mit Einlagen. Etwa 11 Prozent der Männer trugen Diabetesadaptierte Schuhe und 21 Prozent orthopädische Maßschuhe. Bei den Frauen waren es 10 Prozent beziehungsweise 14 Prozent. Männer und Frauen mit bereits erfolgter Minor-Amputation hatten häufiger akute Fußprobleme (akute Charcot Deformationen, Infektionen, Knochenbrüche) als Patienten ohne eine solche Amputation (Männer 51,8 % vs. 32,7 %, Frauen 49,1 % vs. 31,1 %). Die wichtigste podologische Maßnahme war bei beiden Geschlechtern die Behandlung von Nägeln, gefolgt von einer Reduktion von Kallus, Anwendung von Druck- und Reibeschutz und Behandlung von Clavi und Veruccae.
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Selbstpflegekompetenz von Menschen, die eine podologische Therapie erhalten
Mit der zweiten Erhebung wollten wir gezielt etwas über den Grad der Selbstständigkeit der Patienten in podologischer Behandlung erfahren. Der Fragebogen wurde 2017 versandt und wir erhielten 2235 ausgefüllte Bögen zurück. Davon lagen 907 Bögen von Frauen (mittleres Alter ± SD: 69 ± 12 Jahre) und 1328 Bögen von Männern (68 ± 14 Jahre) vor. Unsere Annahme war, dass viele Patienten, die zur podologischen Therapie kommen, in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkt sind und deshalb ihre Füße nicht selber pflegen können. Der von uns entwickelte Fragebogen basiert auf dem sogenannten Barthel-Index (siehe Tab. 1). Dies ist ein in der Pflege etabliertes Instrument, um die Alltagskompetenz beziehungsweise die Pflegebedürftigkeit eines Menschen einzuschätzen. Er wird in vielen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen genutzt. Wir haben diesen Index gewählt, da er anerkannt ist und in der Literatur auch in anderen Studien benutzt wird. In diesen Fragen des Barthel-Indexes hatten wir fünf spezifische Fragen zur Fußpflege eingepflegt (Häufigkeit des Schneidens der Zehen, Häufigkeit des Eincremens, der Hornhautbeseitigung, wer schneidet die Nägel und eine Frage zur Erreichbarkeit des Fußes). Die Auswertung der Fragebögen zeigte, dass nur etwa die Hälfte der Menschen, die zur podologischen Behandlung kam, im Zustand der kompletten Selbstständigkeit ist und immerhin jeder 6. Betroffene mehr als nur punktuell hilfsbedürftig ist (Tab. 2).
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Erkrankungen und Fußveränderungen der Patienten, die zur podologischen Therapie kommen
Mit der dritten Erhebung wollten wir gezielt etwas über die Krankheiten beziehungsweise den Fußprobleme der Patienten erfahren, die sich in podologischer Behandlung befinden. Der Fragebogen wurde 2018 versandt und wir erhielten insgesamt 1851 ausgefüllte Bögen zurück, von 1025 Frauen (76 ± 15 Jahre) und 812 Männern (75 ± 15 Jahre). Unsere Annahme war, dass nicht nur Patienten mit einem Diabetischen Fußsyndrom zur Behandlung kommen, sondern auch Patienten mit anderen Erkrankungen. So belegt die Auswertung, dass nur 70 Prozent der Männer und 52 Prozent der Frauen angaben, einen Diabetes mellitus zu haben. Der Anteil der Patienten mit einer Polyneuropathie fiel geringer aus, wobei ein Teil der Patienten sicherlich auch nicht über die Diagnose aufgeklärt sein dürfte. Andere häufige Krankheitsbilder waren die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) und die Herzinsuffizienz. Patienten mit rheumatischen Erkrankungen waren ebenso vertreten wie Patienten mit Parkinson-Erkrankung (Tab. 4).
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Diskussion
Die durchgeführten Erhebungen erlauben uns einen wichtigen Einblick in die Versorgungsleistungen in der podologischen Praxis. Auf der einen Seite zeigen sie das breite Spektrum der Fußerkrankungen mit dem die Patienten sich vorstellen. Auf der anderen Seite beschreiben sie die Vielschichtigkeit der Patienten, die zur Behandlung kommen. Dies reicht von Patienten mit Diabetes mellitus und Polyneuropathie über adipöse Patienten, die ihre Füße nicht erreichen, bis hin zu pflegebedürftigen Menschen mit punktueller oder mehr als punktueller Hilfsbedürftigkeit. Darüber hinaus zeigt die hohe Rücklaufrate der Fragebögen, dass die Mitglieder von podo deutschland gemeinsam die gestellten Fragen zur Versorgung der Deutschen Bevölkerung mit podologischen Therapien beantworten können. Die erhobenen Daten haben allerdings keinen Anspruch auf Repräsentativität und Vollständigkeit, da sie auf einer freiwilligen Teilnahme der Befragten basieren und wir nicht wissen, welche Patienten letztlich eingeschlossen wurden und welche nicht. Ein prospektiv aufgestelltes Register von Patienten, die in podologischen Praxen behandelt werden, könnte in Zukunft helfen, die bestehenden offenen Fragen zu adressieren. Der Mehrwert der Podologie für den Patienten und das Gesundheitssystem wird so beleuchtet werden und als Datengrundlage für Gespräche mit den Krankenkassen genutzt werden können.
Anschrift für die Autoren:
Prof. Dr. med. Knut Kröger
Klinik für Gefäßmedizin
Helios Klinik Krefeld
Klinik für Gefäßmedizin
Lutherplatz 40
47805 Krefeld
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