„Wachsendes Ende“ von Entzündungen entdeckt

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Rötung, Schwellung, Schmerz – das sind Anzeichen einer Entzündung. Sie dient dem Schutz des Körpers vor Krankheitserregern oder Fremdstoffen. Forschende der Universitäten Bonn und Köln konnten zeigen, dass Entzündungsreaktionen eines wichtigen Sensorproteins in einer bestimmten räumlichen Richtung ablaufen. Diese Erkenntnis hat das Potenzial, Entzündungen möglicherweise am „wachsenden Ende“ zu stoppen – und chronischen Entzündungskrankheiten Einhalt zu gebieten.
Wenn Bakterien oder Viren lebende Zellen befallen oder sonstige Fremdstoffe auftreten, wird der Gefahrensensor mit dem Kürzel NLRP3 aktiviert. „Auch die für die Alzheimer-Erkrankung charakteristischen Eiweißablagerungen im Gehirn, die so genannten Amyloid-ß-Plaques, können NLRP3 in Gang setzen”, verweist Prof. Dr. Matthias Geyer vom Institut für Strukturbiologie des Universitätsklinikums Bonn auf frühere Studien. Wie diese vorangehenden Untersuchungen der Forscher zeigen, befeuert diese Reaktion sich zunehmend selbst: Die durch NLRP3 ausgelöste Entzündungsrektion fördert die weitere Ablagerung von Amyloid-ß-Plaques und trägt maßgeblich zum Krankheitsgeschehen bei.
Einmal aktiviert, lagern sich mehrere NLRP3-Proteine aneinander an und bilden so den Keim für eine fadenförmige Struktur, an der sich immer weitere Proteine sammeln. „Die Reaktion kommt in Gang, sobald etwa ein Dutzend der NLRP3-Moleküle vorliegt“, berichtet Geyer. Theoretisch können sich unendlich viele NLRP3-Moleküle aneinander lagern und die fadenförmige Struktur immer weiter verlängern. Inga Hochheiser aus Prof. Geyers Team konnte nun zeigen, in welche Richtung dieses Filament wächst und sich weiter ausdehnt.
Chronische Entzündungskrankheiten stoppen
„Die technische Herausforderung bestand darin, die Übergänge in den fadenförmigen Strukturen zu finden und im Bild sichtbar zu machen“, sagt Prof. Dr. Elmar Behrmann vom Institut für Biochemie der Universität zu Köln. „Die neuen Erkenntnisse erlauben nun, das wachsende Ende der Entzündungsreaktion mithilfe von Antikörpern oder Wirkstoffen gezielt zu adressieren“, sagt Hochheiser. Damit kommen die Forschenden dem Ziel näher, den weiteren Aufbau des Entzündungsapparates zu stoppen und auf diese Weise chronischen Entzündungen entgegenzuwirken.
Beteiligte Institutionen und Förderung
Neben dem Institut für Strukturbiologie und dem Institut für Angeborene Immunität des Universitätsklinikums Bonn sind an der Studie das Institut für Biochemie der Universität zu Köln sowie The Walter and Eliza Hall Institute of Medical Research in Melbourne (Australien) beteiligt. Am Forschungszentrum caesar in Bonn und dem Rudolf-Virchow-Zentrum der Universität Würzburg wurden Messungen durchgeführt. Die Studie wurde durch die Else Kröner-Fresenius-Stiftung und die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert.
Originalpublikation
Inga V. Hochheiser, Heide Behrmann, Gregor Hagelueken, Juan F. Rodríguez-Alcázar, Anja Kopp, Eicke Latz, Elmar Behrmann & Matthias Geyer: Directionality of PYD filament growth determined by the transition of NLRP3 nucleation seeds to ASC elongation, Science Advances, DOI: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abn7583
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn | Redaktion: Cornelia Meier