Folgen Sie uns
25. Februar 2022
Redaktion
Erfahrungen einer Patientin

Operative Hallux valgus-Therapie: Erfahrungen einer Patientin

Aleksandra B. hat sich mit 56 Jahren einer Hallux valgus-Operation unterzogen. Wir durften sie rund ein Jahr lang in Wort und Bild begleiten und geben die von ihr geschilderten Erfahrungen aus ihrer Perspektive weiter.
Foto: luaeva/Adobe Stock

Neuss, 15. Oktober 2020

Ich bin Aleksandra B. (Name geändert), 56 Jahre jung und als diplomierte Informatikerin in einem großen niederrheinischen Unternehmen in leitender Funktion tätig. Ich habe viel mit Menschen zu tun und kleide mich gerne gepflegt und feminin. Dazu gehören für mich auch Schuhe mit einem kleinen Absatz, meist um die zwei bis fünf Zentimeter. Früher habe ich öfter High Heels getragen, vor allem wenn ich abends ausgegangen bin. Heute lege ich mehr Wert auf Komfort, den meine Füße aktiv einfordern. Seit rund drei Jahren habe ich leichte, aber zunehmende Schmerzen am linken Fuß. Grundsätzlich komme ich noch klar, aber es ist mir sehr wichtig, mir diesen Fuß beziehungsweise seine Einsatzfähigkeit zu erhalten, denn der andere, rechte Fuß ist auch nicht gesund. Zwar habe ich dort keinen Hallux valgus, dafür aber im großen Zehengelenk eine starke Arthrose zweiten Grades (Abb. 1–5). Daran kann ich laut ärztlicher Beratung nicht viel machen.
Ich möchte auch langfristig meine volle Bewegungsfähigkeit erhalten, Ski fahren, joggen und tanzen. Ich wandere gerne, mit meiner Familie und Freunden. Leider ist es nun so, dass ich bei längeren Touren ab circa 12 km meinen Fuß im Bereich des Hallux valgus spüre und er leicht schmerzt.
Warum mein Fuß? Ich habe mich informiert; es gibt mehrere Faktoren, die die Entstehung eines Hallux valgus begünstigen können. Zum einen kann er erblich veranlagt sein; beide Füße meiner Mutter waren betroffen. Sie kam nie auf die Idee, dieses Fußleiden operieren zu lassen und hat mal mehr, mal weniger starke Schmerzen ertragen. Sie war aber auch nie so bewegungsfreudig wie ich. Zum anderen gilt schwaches Bindegewebe als Risikofaktor – und das Tragen von engen Schuhen mit hohen Absätzen. Andererseits gibt es Menschen, die bis ins hohe Alter gesunde Füße haben, obwohl sie Schuhe mit Absätzen bevorzugen. Mittlerweile empfinde ich schon vier Zentimeter als relativ hoch, aber als junge Frau und Studentin habe ich überwiegend wirklich hohe, meist spitz zulaufende Schuhe getragen; in Polen sind alle Frauen immer schick gekleidet. Schmerzen hatte ich nicht. Hier in Deutschland ist das mit der Mode etwas einfacher: Zu einem Rock oder einem Kleid reicht ein gemäßigter Absatz von rund vier Zentimetern. Ich habe gehört, dass unter Ärzten die Meinung verbreitet ist, ein kleiner Absatz sei durchaus gut für die Wirbelsäule. Wie dem auch sei; jetzt trage ich schicke, bequeme Schuhe. Zugegeben: Einlagen habe ich nie verwendet, trotz Empfehlung. In Sportschuhen sind eine Einlage oder ein gutes Fußbett kein Problem, aber in schicken Schuhen … Das, was überwiegend an sogenannten Komfort- oder Bequemschuhen angeboten wird, empfinde ich in der Regel als optisch nicht ansprechend und oft „Oma-mäßig“. Es gibt noch viel Luft nach oben, da könnte die Industrie einiges optimieren. Also schaue ich in der Regel erst gar nicht bei Bequemschuhen nach. Ich trage dann eher „Turnschuhe“ als Freizeitschuhe oder flache Pumps oder Ballerinas. Seit gut einem Jahr laufe ich zuhause ganz bewusst überwiegend barfuß. Ich habe den Eindruck, dass das meinen Füßen und meinem Körper guttut und den Prozess der Verschlimmerung meines Hallux valgus verlangsamt.
Als meine Schmerzen vor allem bei Belastung zunahmen, habe ich versucht, einen Termin bei einem guten Orthopäden zu bekommen. Da ich Vollzeit als Informatikerin in einem Rechenzentrum tätig bin, habe ich nicht viel freie Zeit, und verbringe diese lieber mit erfreulichen Aktivitäten, anstatt Studien in Bezug auf Ärzte zu betreiben. Dr. med. Dirk Niezold habe ich mehr oder minder zufällig als Fußspezialisten in Neuss über das Internet gefunden.
Ich hatte Glück und kam bei ihm in kompetente Hände. Im Sommer 2020 riet mir Dr. Niezold, den Fuß innerhalb der nächsten zwei Jahre zu operieren. Mit Einlagen oder Polster könne ich die Beschwerden bis zur OP mildern. Da ich aber bereits leichte Schmerzen hatte und es nach einer gründlichen Untersuchung inklusive Röntgen offensichtlich ohnehin langfristig keine andere Chance als eine Operation gab, wollte ich diese so schnell wie möglich hinter mich bringen, bevor sich der Fuß möglicherweise noch weiter deformiert. Und der Zeitpunkt passte. Im August 2020 erhielt ich einen Termin für Ende Oktober.

26. Oktober

Es war so weit: Für drei Tage kam ich stationär in die Rheintorklinik Neuss. Ich wollte nicht „dabei“ sein beim ­Knochenbrechen, Sägen, Sehnenkürzen, Schrau­beneindrehen, also wählte ich die Vollnarkose. Die Operation dauerte eine knappe Stunde. Als ich wach wurde, hatte ich ein gutes Gefühl: Der Fuß war noch dran! Alle waren sehr freundlich und hilfsbereit in der Rheintorklinik. Ich hatte Tabletten und für die erste Nacht Medikamente per Infusion bekommen, sodass ich keine Schmerzen verspürte. Bereits zwei Stunden nach der Operation durfte ich, wegen möglicher Narkosenachwirkungen in Begleitung, die Toilette aufsuchen. Dabei sollte ich den Fuß bereits voll belasten – über die Ferse.
Überraschend unangenehm war dann der doch starke Schmerz am nächsten Morgen. Das war für mich der schlimmste Tag. Schon nach dieser ersten Nacht kümmerte sich eine Physiotherapeutin um mich: Ich musste über den Flur gehen, was mit starken Schmerzen verbunden, aber medizinisch offensichtlich wohlüberlegt war. In der Klinik wurde der Verband täglich gewechselt, die Wundheilung kontrolliert. Die Drainage konnte bereits 24 Stunden nach der Operation entfernt werden. Das war gut so, denn der Druckschmerz war doch sehr unangenehm.
Nach zwei Übernachtungen in der Klinik durfte ich nachhause „gehen“. Letzteres fiel mir schwer, vor allem das Treppensteigen. Vier Tage lang habe ich Schmerzmittel genommen, so war alles ertragbar. Das Gehen wurde langsam besser, Stehen war belastend. Am besten ging es mir, wenn ich das Bein hochlagerte. Also lag ich viel. Schlafen konnte ich nach vier Tagen bereits recht gut. Für einen Zeitraum von vier bis fünf Tagen erhielt ich Spritzen gegen Thrombose. Am Mittwoch, den 28. Oktober, hatte man mich aus dem Krankenhaus entlassen, für den Montag darauf war der nächste Verbandswechsel terminiert.

3. November

Acht Tage nach der Operation: Mittlerweile kann ich den Fuß voll belasten und mit dem Spezialschuh schon recht gut auftreten. Spaziergänge hingegen erspare ich mir und ohne Stock gehe ich nur das Nötigste. Wie lange werde ich krankgeschrieben sein? Für gewöhnlich sind das bei dieser OP vier Wochen. Ich bin zunächst für zwei Wochen zuhause, das hängt von der Entwicklung ab. Nachts habe ich nun keine Schmerzen mehr, auch ohne Tabletten. Aber ich bin sehr müde, das ist ungewöhnlich für mich. Offensichtlich sind meine Seele und mein Körper durch diesen Eingriff doch deutlich strapaziert; mittags schlafe ich gerne eineinhalb Stunden. Und arbeiten, wie ich mir das gedacht hatte, ist derzeit gar nicht möglich; da fehlt es mir an Kraft und Konzentration. Gestern war ich beim Arzt. An meinem Fuß gibt es nun eine circa acht Zentimeter lange Narbe. Die Wundheilung gehe sehr gut voran, sagte Dr. Niezold. Die Schwellung sei ganz normal und individuell immer unterschiedlich. Ich möge das Bein weiterhin viel hochlagern. Dr. Niezold hat mir mein Bein getaped. Das soll zur besseren Durchblutung von Bein und Fuß beitragen und die Schwellung mindern.

9. November

Heute wurden die Fäden gezogen; das war undramatisch. Ich habe eine Salbe zur Narbenpflege bekommen; sie ist angenehm und scheint zu helfen. Der Arzt hat mich nochmal zwei Wochen krankgeschrieben. Eigentlich wollte ich das nicht, sondern zumindest vom Homeoffice aus wieder arbeiten.

15. November

Ich bin froh, dass ich zuhause entspannen kann, ab und an telefoniere ich wegen meiner Arbeit, aber ansonsten genieße ich meine Ruhe. Das Tape hat sehr geholfen: Die Schwellung ist mit der Zeit doch deutlich zurückgegangen und ist nur noch leicht zu erkennen und zu spüren. Jetzt, 20 Tage nach der OP, soll ich noch zwei Wochen geduldig sein, dann darf ich wieder mehr oder minder normales Schuhwerk tragen. Es ist eine große Erleichterung, nun ohne Verband zu sein. Ich schone meinen Fuß, lege ihn wenn möglich immer hoch und nutze beim Schlafen eine Kissenkonstruktion im Bett, die mein Bein höher lagert als das Herz. Das hat mir der Arzt für zumindest mehrere Stunden empfohlen. Schmerzen habe ich keine mehr; ich spüre den Fuß minimal, merke, dass dort „etwas“ ist, auch eine leichte Schwellung und eine sichtbare grünlich-rote Verfärbung. Das beunruhigt mich aber nicht, denn ich bin mir sicher, dass auch dieses dezente „Fremdgefühl“ mit der Zeit von alleine verschwindet.
Ob ich vor der Operation Angst hatte? Respekt vor allem vor den Schmerzen und der langen Prozedur schon, aber keine Angst. Dr. Niezold hat einen sehr großen Erfahrungsschatz, warum sollte ausgerechnet bei mir etwas schief gehen? Ich fühle mich in seiner Betreuung sehr sicher. Was den weiteren Verlauf meiner Heilung betrifft, werde ich nichts riskieren, das heißt, ich werde flache Schuhe tragen. Mit einem breiteren Pumps mit einem 1-cm-Absatz komme ich gut klar, oder mit Turnschuhen beziehungsweise Sneakern. Auch werde ich zuhause weiterhin viel barfuß laufen. Ob ich mir orthopädische Schuhe oder Einlagen anschaffe, weiß ich noch nicht. Da müsste ich einerseits einen Schuh finden, der mich optisch anspricht, andererseits müsste ich mir Einlagen vom Orthopäden verschreiben lassen; das ist auch ein Zeitfaktor für mich.

24. Januar 2021

Seit Weihnachten etwa bin ich auch unter Belastung ganz ohne Schmerzen. Die Farbe meines Fußes ist normal, das viele Grün und etwas Lila sind verschwunden, die Schwellung ist minimal. Am 20. Januar 2021 hatte ich einen Kontrolltermin: Alles ist bestens. Die Silvesterparty fiel coronabedingt aus, also habe ich nicht getanzt. Aber seit Weihnachten gehe ich häufiger spazieren, in den letzten Wochen sogar walken, gerne bis zu 1,5 Stunden. Nur bergab bin ich etwas vorsichtiger, denn wenn mein Fuß vorne in den Schuh rutscht, drückt das ein wenig. Das möchte ich vermeiden. Auch ein Hochlagern ist zwar noch angenehm, aber nicht erforderlich. Ab und an, je nach Wetter und vor allem bei niedrigem Luftdruck, schmerzen die Weichteile noch ein wenig, die Knochen aber nicht. Das sei normal, wurde mir bestätigt, und gehe vorbei. Seit der Operation sind erst drei Monate vergangen, alles braucht seine Zeit.
Seitdem mein Fuß operiert wurde, drücken mich auch die Nähte am Schuh nicht mehr. Was mich allerdings zunehmend stört, sind die Schrauben, sie pieksen sogar beim Barfußlaufen. Und eventuell haben sie mit meiner Nesselsucht zu tun, die mich im November, in der fünften Woche nach der OP, „überfallen“ und doch sehr gequält hat. Das ist für mich eine mögliche Erklärung: die Schrauben, ein Infekt, vielleicht eine leichte Veranlagung? Normalerweise leide ich nicht unter Allergien. Substanzen, Unverträglichkeiten können diese sogenannte Intoleranz-Urtikaria auslösen. Das lässt sich in meinem Fall nicht nachhaltig klären – ein Grund mehr für mich, die Schrauben entfernen zu lassen. Grundsätzlich, bei Beschwerdefreiheit, so hatte mir Dr. Niezold erklärt, könnten die Schrauben für immer im Fuß verbleiben. Das wird in der Regel auch von den Ärzten empfohlen.

16. Mai

Zwei Tage vor der Entfernung der Schrauben bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die Optik ist gut, die Naht kaum zu sehen. Ich habe keinerlei Schmerzen, auch nicht beim Joggen. Ich bin nur noch ein klein wenig wetterfühlig. Und wenn ich länger wandere, zeigt sich der Fuß ganz leicht gerötet und geschwollen. Das empfinde ich aber nicht als Hindernis. Ich werde dem Fuß noch fünf bis sechs Monate mehr Zeit geben zum Heilen. Ich gehe zuhause fast nur barfuß, achte auf gutes, flaches Schuhwerk, trage aber zum Beispiel zum Kleid im Theater auch mal einen kleinen Absatz um die vier bis fünf Zentimeter. Die Schrauben pieksen nach wie vor, wenn ich bei uns im Haus die Treppen runtergehe. Daher freue ich mich auf das Entfernen. Auch bin ich überzeugt, dass ich ohne Schrauben im Körper ein besseres Lebensgefühl habe.

18. Mai

Das war ein weiterer wichtiger abschließender Schritt: Die Schrauben sind raus, unter Vollnarkose. Ich war ambulant in der Klinik, bin für vier Tage krankgeschrieben und darf eine Woche nicht Auto fahren. Die Schrauben, so wurde ich informiert, seien jetzt „verknöchert“ und könnten nicht einfach rausgezogen werden. Daher erfolgte ein kleiner Schnitt im Bereich der alten Naht. Die Wundheilung der weichen Teile am Fuß geht sehr schnell. Mein Fuß wurde verbunden, daher habe ich wieder Verbandsschuhe bekommen. Nach einer Woche sollen die Fäden gezogen werden.

1. Oktober

Nun ist fast ein Jahr seit der Operation vergangen. Das ganze Prozedere war aufwendig, teils auch schmerzhaft, aber ich bin sehr glücklich, dass ich mich zu diesem Schritt entschlossen habe. Und im Nachhinein ging dann doch alles recht schnell und reibungslos. Es war der richtige Zeitpunkt, bevor die Deformation eventuell weiter fortgeschritten und damit eine Operation noch komplizierter geworden wäre. So ist das Ergebnis für mich optimal. Der Fuß ist in der gewünschten Stellung verblieben, ich habe keinerlei Beschwerden mehr und kann auch allen Sportarten wieder nachgehen. Das ist wichtig für das Hier und Jetzt und meine Zukunft.

Foto: Eakrin/Adobe Stock
Draufsicht
Zurück
Speichern
Nach oben