Immer mehr Hirndoping

Foto: I-vista/pixelio.de

Anzeige
Eigenanzeige Podotrainer mobil

Obwohl ein klinischer Nutzen für ausgeschlafene Personen ohne Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nicht sicher belegt ist, greifen immer mehr Menschen zu Medikamenten, um ihre geistige Leistungsfähigkeit bei bestimmten Anlässen zu steigern. Laut einer aktuellen Querschnittstudie hat der Missbrauch in den letzten Jahren weiter zugenommen.

Der Global Drug Survey (GDS), den zwei Psychiater 2011 in London gegründet haben, führt mit Unterstützung der Medien regelmäßig Befragungen zum Drogenkonsum durch. Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ, sie machen im Längsschnitt jedoch Trends sichtbar. Zu den Drogen gehören auch die Wirkstoffe Methylphenidat (etwa Ritalin) oder Modafinil (etwa Modalert), die zur Behandlung des ADHS beziehungsweise der Narkolepsie zugelassen sind. In den USA wird auch Adderall missbraucht. Die Mischung aus Dexamphetamin und Amphetamin ist dort zur Behandlung des ADHS zugelassen.

Die Mittel steigern die Aufmerksamkeit oder die Wachheit, was bei Patienten mit ADHS oder Narkolepsie die Fähigkeit verbessert, sich in Tests zu konzentrieren. Ob Menschen ohne ADHS oder Schlafstörungen davon profitieren, ist umstritten.

Die Bedenken der Experten scheinen eine steigende Zahl von Menschen jedoch wenig zu kümmern. Wenn es darum geht, sich in einem für die eigene Laufbahn wichtigen Test einen Vorteil zu verschaffen, sind vielen Menschen alle Mittel recht.

Hatten bei der GDS-Umfrage von 2015 erst fünf Prozent der Befragten angegeben, sie hätten in den letzten zwölf Monaten wenigstens zu einem Anlass zu „medikamentösen kognitiven Verstärkern“ gegriffen, so waren es im Jahr 2017 bereits 14 Prozent. Die Neigung zum Hirndoping ist in einzelnen Ländern unterschiedlich stark. In den USA benötigten fast 30 Prozent im letzten Jahr wenigstens einmal den Aufmerksamkeitskick aus der Apotheke (gegenüber 20 Prozent im Jahr 2015).

Noch deutlicher war der Anstieg in Europa. In Frankreich stieg der Anteil von drei Prozent im Jahr 2015 auf 16 Prozent im Jahr 2017, in Großbritannien sogar von fünf auf 23 Prozent. Auch in den Niederlanden, in Kanada, Irland, Australien und Ungarn hat der Einsatz stark zugenommen, berichten Larissa Maier und Mitarbeiter von der Universität von Kalifornien in San Francisco, die keine Angaben zur Verbreitung in Deutschland machen.

Pillen helfen nicht wirklich
Die Verbreitung der Neuro-Enhancer korreliert mit den Verordnungszahlen. Die meisten Konsumenten gaben an, dass sie die Mittel von befreundeten Patienten erhalten haben. Die Mittel werden jedoch auch im Schwarzmarkt oder im Internet gehandelt. Nur wenige Konsumenten erhielten sie direkt von ihrem Arzt. Der Aufwand, die Erkrankung glaubhaft zu simulieren, dürfte den meisten zu hoch sein, zumal sie die Mittel in der Regel nur vor Prüfungen einnehmen. Die meisten scheinen wohl zu ahnen, dass sie ihnen beim Lernen nicht helfen werden.

Der beste kognitive Verstärker ist aus Sicht von Experten ein ausgeschlafener Zustand. Auch Sport kann die geistigen Fähigkeiten verstärken. Wer entspannt mit dem Rad zur Prüfung fährt, ist möglicherweise ausgeruhter als der Prüfling, der sich in letzter Minute in U- oder S-Bahn auf die Prüfung vorbereitet. Musik, Yoga oder Meditationen können ebenfalls für die notwendige Ausgeglichenheit vor einer Prüfung sorgen.