Die Haut als Biotop


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Unsere Haut bildet die äußere Begrenzung des Körpers zu der Umwelt. Daher ist keineswegs überraschend, dass die gesunde Haut als Organ auch von Mikroorganismen bewohnt ist. Dr. Maria Noszvai-Nagy nennt einige davon.

Die Medizin erkannte schon sehr früh die Feuchtigkeit als wich­tigs­te Bedingung für mikrobielle Besiedlung der Haut: die feuchten Falten (z. B. die der Schweißrinne, interdigital, unter den weiblichen Brüsten, axillär) wiesen stets eine wesentlich höhere Keimzahl auf als trockenere Areale. Lange Zeit gingen die Mikrobiologen von einer rein oberflächlichen, das heißt epidermalen, Besiedlung der Haut aus und hielten tiefere Keimvorkommen stets für pathologisch (krankhaft). Auch war die Annahme, dass gesunde Ungeborene keimfrei, das heißt unter den Fruchthüllen steril verborgen wären, über zweihundert Jahre dogmatisch verbreitet. Die moderne medizinische Mikrobiologie widerlegte diese Annahmen und erweiterte das Bild der hautbewohnenden Mikroorganismen enorm.

Die Haut als Biotop
Mit einer Gesamtoberfläche von bis zu zwei Quadratmetern ist unsere Haut ein Biotop hochgeschätzter Güte, um die sich eine Vielzahl von Mikroorganismen, hauptsächlich symbiontischer Bakterien wetteifert. Durch Pyrosequenzierung – eine Art DNA-Sequenzierung – und modernster Kulturmethoden können diese Keime sehr genau untersucht und auch in ihren Schlupfwinkeln erfasst werden. Tatsache ist: die gesunde menschliche Haut ist viel stärker von Mikroorganismen bewohnt, als in der Vergangenheit bekannt war. Pro Quadratzentimeter Haut können – je nach Nährstoffangebot und Feuchtigkeitsgehalt – bis zu eine Million Keime siedeln (was eher für die tropisch-subtropischen Regionen der Erde und auf feuchte Falten zutrifft). Aber auch die Vielfalt der Hautsymbionten ist über­raschend. Von den bis zu zwei Dutzend früher beschriebenen Haut­florabak­terien kann keine Rede mehr sein: neben Laktobazillen, Propionibakterien, Strepto- und Staphylokokken ist eine enorme Vielfalt an Prokaryonten zum Wohle des Menschen Mitbewohner der Haut. Die Dermatologie geht aktuell bei der weltweiten Keimbesiedlung von zirka fünfzehntausend hautbewohnenden Spezies aus (von denen zirka dreitausend für unseren mitteleuropäischen Lebensraum gewöhnlich wären) – und damit unserem Leser die Zahl vorstellbar wird: alle Vogel- und Säugetierarten der Erde bringen es auf rund 15500 Spezies.

Die Besiedelung geht tiefer
Die gesunde Haut ist keineswegs ausschließlich epidermal (d. h. an der ­Oberhaut) besiedelt. Diese Annahme herrschte lange vor, weil die Bakterienkulturen von der Haut im Labor unter zu hohem Sauerstoffgehalt kultiviert worden sind, sodass die Anaerobier (Mikroorganismen, die unter Sauerstoff nicht gedeihen können und sehr bald absterben) nicht als Bewohner nachgewiesen werden konnten. Mit moderner Labor- und Kulturtechnik lassen sich auch die „Tiefenbewohner“ besser erfassen. Sie nutzen Lebensräume in den Kanälen der Schweißdrüsen, Haarfollikeln und Duftdrüsen, können deren Produkte als Nährstoffquelle beanspruchen und werden von den „oberen“, epidermisbewohnenden Bakterien vom „giftigen“ Sauer­stoff geschützt. Diese Tiefenbewohner unterstützen den Talgfluss, regulieren die Verhornungstendenz mit – sie senden aber auch verhaltensregelnde Botschaften an ihren Holobiont, dem Wirt Homo sapiens! Aus dem abgesonderten Schweiß können solche Hautbakterien Steroidhormone als Nährstoff verwerten und in Duftstoffe umbauen. Pheromone nennen wir diese hormonähnlichen Duftsignale, die im hohen Maß das Verhalten geschlechtsreife Individuen beeinflussen können – in der Regel die Fortpflanzung und das Paarungsverhalten unterstützen. Aber umgekehrt können sie auch wirken: „Ich kann diese Person nicht riechen!“ ist selten ein Hinweis auf mangelnde Körperhygiene, vielmehr die unbewusste limbisch-olfaktorische Verarbeitung von bakteriellen Signalen: „Ihr passt nicht zusammen! Ein Annähern ist nicht sinnvoll und müsste immunologische Konsequenzen bewirken! Zieht Euch besser zurück!“

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